Meine Erfahrungen und Tipps zum Auswandern von Deutschland nach Österreich während der Corona-Pandemie
AUSWANDERN. Als ich vor knapp einem Jahr bei einer guten Freundin in der Finanzberatung saß, sollte ich meine Vorstellungen für die Zukunft festlegen um meine Finanzplanung zu verfeinern. Zu diesem Zeitpunkt stand das Auswandern so gar nicht auf meiner Liste.
Gerade das vergangene Jahr hat uns alle wahrscheinlich gelehrt, dass eben nicht alles immer nach Plan läuft. Für mich kam zum Thema Corona noch das Auswandern nach Österreich (Linz) dazu. Angestoßen durch meinen Freund haben wir uns dazu entschlossen unsere Heimat Stuttgart und all unsere Freunde inklusive Familie zu verlassen, um uns gemeinsam auf ein Abenteuer zu begeben. Einfach mal etwas Neues sehen, neue Leute kennenlernen und neue Gespräche führen. Als wäre das nicht schon aufregend genug. Doch der Coronavirus hat nicht locker gelassen und machte alles noch abenteuerlicher. Wir sind letztendlich "blind“ hergezogen. Die Bewerbungsgespräche für die neuen Jobs liefen ausschließlich online ab und auch eine Wohnung konnten wir nicht besichtigen, da die Einreise vorab unmöglich war. Somit sind wir erstmal in ein kleines Übergangs-Apartment gezogen und haben unser Hab und Gut eingelagert. Die vielen Ungewissheiten waren für mich echt eine Herausforderung. An der Stelle muss ich das Zitat meines Opas anbringen, welches mir rückblickend durch die chaotische Zeit geholfen hat: „Ihr habt agiert und nicht reagiert und das ist etwas tolles!“. Wir haben uns trotz der besonderen Umstände aus unserem gemachten Nest in Stuttgart begeben um unbekanntes Terrain zu entdecken und unseren Horizont zu erweitern. Da muss man eben auch mal seinen ganzen Mut zusammen nehmen.
Anfangs hatte ich es immer als "softes“ Auswandern bezeichnet. Die Sprache beherrscht man ja bereits und ich dachte, dass Deutschland und Österreich im allgemeinen recht ähnlich sind. Doch beim Doing habe ich dann gemerkt, wie viel man dabei beachten muss und was es alles zu tun gibt. Da ich für mich keine sinnvolle Übersicht der To Do’s gefunden habe möchte ich hier gerne meine Erfahrungen und Tipps teilen. Wer weiß, vielleicht kommt es dem ein oder anderen ja zugute.
Ich habe eine Liste mit allen Punkten erstellt, die sowohl in Deutschland als auch dann in Österreich erledigt werden sollten. Ergänzend dazu habe ich hilfreiche Links hinterlegt.
To Do’s Deutschland:
1. KÜNDIGEN wird beim Auswandern groß geschrieben. Über Verträge für das Handy oder dem Fitnessstudio bis hin zum Stromanbieter muss fast alles außerordentlich gekündigt werden. Auszunehmen sind manche Versicherungen (z.B. Berufsunfähigkeitsversicherungen die welt-/EU-weit gelten). Zu beachten ist, dass einige Internet-/Handyanbieter (z.B. Vodafone oder T-Mobile) einen selbst beim Umzug ins Ausland leider erst nach drei Monaten Frist aus dem Vertrag lassen. Bei allen anderen Themen lief bei uns alles reibungslos. Mögliche Vorlagen verschiedener Kündigungsschreiben findet ihr hier. Als Nachweis kann z.B. der Arbeitsvertrag oder die Abmeldebescheinigung beigefügt werden. Was auch direkt zum nächsten Punkt führt...
2. ABMELDUNG. Wenn man ins Ausland zieht, muss man sich bei der Meldebehörde innerhalb von zwei Wochen nach Auszug abmelden. Dies geht mittlerweile auch online und ist super unkompliziert. In Baden-Württemberg ist dies über ein Portal möglich. Die Abmeldebescheinigung steht dann dort zum downloaden bereit. Diese ist für die meisten Kündigungen als Nachweis mitzuschicken und auch die Banken in Deutschland benötigen diese.
3. POSTNACHSENDEAUFTRAG. Den Auftrag kann man mit 5 Tagen Vorlaufzeit online bei der Post beantragen. Dieser gilt z.B. für 1 Jahr und kann bei Bedarf verlängert werden.
4. UMZUG. Wir haben vor dem Umzug kräftig ausgemistet. Ein paar Sachen sollten auf den Sperrmüll. Doch da uns der zugewiesene Termin zeitlich nicht gepasst hat, haben wir kurzerhand die Sachen (u.a. Kühlschrank und Bettgestell) in Ebay Kleinanzeigen "zu verschenken“ reingestellt. Das hat super geklappt. Andere Leute können davon profitieren und die Möbel werden nochmals weiter verwendet. Kann ich sehr empfehlen! Die verbliebenen Sachen haben wir über eine Spedition nach Österreich bringen lassen. Vorteil: Es ist deutlich günstiger als über eine Umzugsfirma. Man ist zwar selber für das Ein- und Ausladen zuständig, spart aber eine Menge Geld. Da wir nicht direkt in eine neue Wohnung ziehen konnten, haben wir unsere Möbel in einem Lagerraum eingelagert (Myplace Linz). Die Abwicklung erfolgt online und man erhält über einen Zugangscode eigenständig Zutritt zum Gelände. Tipp: Ein kleines Schloss zum Verriegeln des Storages selbst mitbringen. Ansonsten kann Vorort eines für kleines Geld erworben werden.
To Do‘s Österreich:
1. ANMELDUNG. Sobald man in Österreich ankommt muss man sich innerhalb von 3 Tagen beim zugehörigen Meldeamt der Gemeinde melden. Außerdem gilt man als Deutscher als EWR-Bürger (EWR: Europäischer Wirtschaftsraum). Diese müssen sich ebenfalls innerhalb von 4 Monaten bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft melden. Nach 5 Jahren hat man dann die Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Nähere Infos dazu findet ihr hier.
2. KRANKENVERSICHERUNG. In Österreich gibt es nur eine Krankenkasse. Der Arbeitgeber meldet einen bei der ÖGK (Österreichische Gesundheitskasse) an und man erhält postalisch die Sozialversicherungsnummer. Um die Versichertenkarte (E-Card) zu bekommen, muss man einen Termin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl machen. Nach Einreichung eines Lichtbildausweises und einem Nachweis über den Versicherungszeitraum in Deutschland erhält man dann seine Karte. Im Gegenzug benötigt die Krankenkasse in Deutschland ebenfalls einen Nachweis über den neuen Versicherungsschutz sowie die Abmeldebescheinigung.
3. Die STEUERNUMMER (e-TIN) muss beim Finanzamt beantragt werden (telefonisch oder per Mail). Außerdem gibt es die Möglichkeit sich im Portal FinanzOnline zu registrieren um alle finanziellen Themen (u.a. die Steuererklärung) online zu bearbeiten. Falls man das deutsche Bankkonto behalten möchte muss die neue Steuernummer ebenfalls der Bank mitgeteilt werden. So wird der neuer Status als Steuerausländer festgehalten und die bisherigen Finanzen können weiterhin dort verbleiben. Das gilt auch z.B. für Aktien oder ETFs. Diese können auch weiterhin aus dem Ausland heraus gekauft werden. Falls man US-Aktien besitzt oder kaufen möchte muss zusätzlich noch ein Formular (W-8BEN-I) zur Questreduzierung (Quellensteuer) eingereicht werden. Die Vorlage dafür bekommt man direkt von seiner Bank.
4. VERSICHERUNGEN müssen zum Großteil erneuert werden. (Ich konnte nur die Berufsunfähigkeits-- und Unfallversicherung behalten.) Eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung ist hier Pflicht um eine Wohnung mieten zu können. Außerdem sollte man beachten, dass die Kfz Versicherung deutlich teurer ist als in Deutschland und beim Import eines deutschen Autos fällt zusätzlich die so genannte NoVa-Steuer (Normverbrauchsabgabe) an. Nähere Infos dazu findet ihr hier.
5. Die LEBENSHALTUNGSKOSTEN in Österreich (Linz) sind tatsächlich etwas teurer als in Deutschland (Stuttgart). Sowohl für Lebensmittel als auch für Drogerieartikel zahlt man hier mehr. Die Mietkosten sind laut internationalem Mietindex zwar geringer, wir haben aber tatsächlich eine andere Erfahrung gemacht. Insgesamt steht Linz momentan weltweit auf Platz 95 der Städte mit dem höchsten Lebenshaltungskostenindex. Im Vergleich dazu belegt Stuttgart Platz 181 (Stand 11.04.2021). Um eine neue Wohnung zu finden haben wir willhaben.at oder immoscout.at verwendet. Als weiteren Tipp kann ich die Anmeldung bei Wohnungsgenossenschaften (z.B. lebensraeume.at oder gwg-linz.at) empfehlen. Online das Formular ausfüllen und wenn etwas passendes rein kommt wird man angeschrieben und zu einem Besichtigungstermin eingeladen.
Eine Checkliste zum Arbeiten und Wohnen sowie weitere Infos zum Leben in Österreich findet ihr hier.
Ich hoffe der Blogeintrag erleichtert allen zukünftigen Auswanderern den Umzug von Deutschland nach Österreich! Und ich kann nur aus meiner bisherigen Erfahrung sagen, so chaotisch es auch scheinen mag, es wird alles gut.
Eure Miss Sophie
Sind vor knapp zwei Jahren auch aus dem Stuttgarter Raum nach Villach Land gezogen. Du hast eine prima Aufstellung mit den To-Do's gemacht. Hilft bestimmt einigen, die den Schritt auch machen. Alles Gute euch weiterhin :)
Sehr interessanter Blogbeitrag ! Wünsche euch weiterhin alles gute 🌸